Mittlerweile liegt der Notartermin etwas mehr als eine Wochen zurück. Da erhalten wir heute ein brand-wichtiges Schreiben von der Kreisverwaltung. Doch dazu kurz zurück in den Sitzungssaal beim Notar. Als er uns damals jedes einzelne Wort des Kaufvertrages vorließt, kommen wir auf Seite 8 an die Stelle, wo es um das “Vorkaufsrecht” geht. Unser Makler empfahl uns, bei jeder für uns nur annährend unverständlichen Stelle das Referat zu unterbrechen. Nun, ich weiß zwar, was ein Vorkaufsrecht ist. Was mir in diesem Moment aber überhaupt nicht klar ist: Für wen überhaupt …? Also sage ich “STOPP!”.
Im Grundbuch war und ist neben der Eigentümerin niemand anderes erwähnt, der oder die – bis auf die Bank natürlich – in irgend einer Weise sonst noch Anspruch auf das Haus oder das Grundstück hätte. Wer kann also in dieser Passage gemeint sein? So ermüdent eine solche Kaufvertragsverlesung ist, so lehrreich ist sie. Der Notar erklärt uns also, und hebt dabei die zusätzliche Einschränkung “gesetzlich …” hervor, dass ein Vorkaufsrecht grundsätzlich gegeben ist und in den meisten Fällen bei der verwaltenden Gemeinde liegt. Also atmen wir alle erstmal auf, denn er führt weiterhin aus, dass dies mehr oder weniger zum Protokoll gehört und es eigentlich noch nie dazu kam, dass ein Bürgermeister oder sonstwie damit befasster Beamter einen Hauskauf kippte, um das Objekt selber zu beziehen.
Da fangen auf einmal meine Synapsden an zu klappern und ich sehe das Haus, tief im Wald, umgeben von nichts. Dann denke ich: Landschaftsschutzgebiet … und ich erinnere mich außerdem an die erste Frage, die uns unsere Kreditvermittlerin zu Anfang stellte: “Kann man dort eigentlich einen ersten Wohnsitz anmelden?”
Der Notar fährt schon längst fort, als ich ihn abermals unterbreche. Ich erzähle ihm erneut von den besonderen Umstäden, unter denen das Haus dort im Wald steht. Da wirkt er zum ersten Mal nachdenklich und formuliert seinen Gedanken, den ich selbst gerade habe. Was wäre denn, wenn der Gemeinde oder gar der Naturschutzbehörde das Haus schon lange ein Dorn im Auge ist und man nun die Gelegenheit sieht, dass Grundstück der Natur zurück zu geben?
Kurze Stille. Der Notar räumt ein, dass das ist in der Tat eine besondere Situation sei. Jeder Grundstücksverkauf muss der Gemeinde gemeldet werden. Im Regelfall kommt jedoch ein paar Tage später die Antwort, dass an einem Vorkaufsrecht kein Interesse besteht. Von dem Moment an began bei uns das Zittern.
Zurück zum Anfang. Heute also bekommen wir ein, nein gleich zwei Schreiben. Eins von der Gemeinde und eins von der zuständigen untergeordneten Naturschutzbehörde des Bundeslandes. Ich kann den ersten Brief gar nicht so schnell lesen, wie ich ihn verstehen will: [Trallali trallala] für dieses Grundstück [tirilo] besteht [dudeldi] kein Vorkaufsrecht nach dem Naturschutzrecht [§ … (es folgt eine Aufzählung diverser Paragraphen, Kostennoten und Rechtsbehelfsbelehrungen)]. Ich lese den Text noch weitere acht bis zehn Mal, in der Angst, die Amtssprache nicht wirklich richtig verstanden zu haben. Doch die Aussage ist eindeutig und gesetzlich verbindlich. Der Lachs ist gelu … Halt, der zweite Brief der Gemeinde. Warte …: Hiermit wird mitgeteilt, dass […| nicht besteht […].
Uns fallen zwei Steine vom Herzen.